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Episode 45: Die Fahrt ins Unbekannte

Der Morgen war still am Sankelmarker See. Ein dünner Nebelschleier lag über dem Wasser, während die Sonne langsam hinter den Baumwipfeln hervorkam und die ersten warmen Strahlen auf die spiegelglatte Oberfläche warf. Es war der perfekte Moment für eine Bootsfahrt – oder zumindest hätte er das sein sollen. Doch in den Köpfen der Kinder und von Anna kreisten die Gedanken um etwas anderes. Heute würden sie versuchen, das Geheimnis zu lüften, das Magnus und der alte Kompass ihnen hinterlassen hatten.

Am Ufer stand Fischer Petersen mit verschränkten Armen und beobachtete, wie Anna und die Kinder das kleine Ruderboot vorbereiteten. Die Luft roch nach feuchtem Holz, und das sanfte Plätschern der Wellen war das einzige Geräusch in der frühen Morgenstille.

„Ihr seid euch sicher, dass ihr das tun wollt?“ fragte Petersen mit ernster Miene.

„Ja,“ sagte Lukas bestimmt. „Wir müssen wissen, was da draußen ist.“

Petersen schüttelte den Kopf. „Magnus hat Jahre damit verbracht, diesen Ort zu finden. Und dann ist er verschwunden. Seid vorsichtig.“

Anna prüfte die Ausrüstung – Seile, eine kleine wasserdichte Lampe, eine Kamera und den Kompass. Sie wollte vorbereitet sein. „Wenn etwas passiert, drehen wir sofort um,“ sagte sie. „Aber wir müssen dieser Spur nachgehen.“

Lea sah auf den Kompass, der immer noch in eine Richtung zeigte, abseits der bekannten Fischgründe. „Vielleicht ist es nur ein alter Zufall. Vielleicht auch nicht.“

„Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden,“ sagte Mia.

Die Kinder und Anna stiegen ins Boot, und Petersen stieß es vorsichtig vom Ufer ab. Das Holz knarzte leise, als die Ruder eintauchten und das Boot langsam in Bewegung setzten. Der Nebel wurde dichter, je weiter sie sich von der Küste entfernten. Hinter ihnen wurde das Hotel Seeblick immer kleiner, während das Wasser um sie herum dunkler wirkte.

„Ich habe das Gefühl, dass wir beobachtet werden,“ sagte Finn leise.

„Vielleicht, weil wir uns einem Ort nähern, der lange verborgen war,“ sagte Mia.

Der Kompass zeigte weiterhin auf einen Punkt, der mitten auf dem See lag. Als sie näher kamen, begannen kleine Wellen um sie herum zu kreisen, als ob das Wasser sie in eine bestimmte Richtung lenken wollte.

„Das ist nicht normal,“ murmelte Lukas.

Dann passierte es.

Mit einem dumpfen Schlag krachte das Boot plötzlich gegen etwas unter der Wasseroberfläche. Die Kinder hielten sich erschrocken an den Rändern fest.

„Was war das?“ rief Anna.

Finn lehnte sich vorsichtig über den Bootsrand und versuchte, ins Wasser zu sehen. „Da unten ist… etwas.“

„Eine Struktur?“ fragte Lea.

„Es sieht aus wie… Steine. Ein Kreis aus Steinen,“ sagte Finn, der sein Handy aus der Tasche zog, um Fotos zu machen.

„Ein Ritualplatz?“ spekulierte Mia.

„Oder ein versunkener Ort,“ sagte Anna nachdenklich.

Doch bevor sie weiter nachdenken konnten, begann sich das Wasser um sie herum leicht zu bewegen. Es war nicht stürmisch – aber es war, als ob der See sie bemerkt hatte.

„Wir müssen eine Entscheidung treffen,“ sagte Lukas. „Bleiben wir hier und untersuchen es? Oder kehren wir zurück?“

Anna sah in die Gesichter der Kinder. Sie waren entschlossen – aber es war auch Angst darin. Sie war es auch. Doch sie wusste, dass dies der Moment war, den sie gesucht hatten.

„Wir bleiben. Aber nur für ein paar Minuten,“ sagte sie.

Die Kinder nickten und begannen vorsichtig, mit ihren Kameras und Notizbüchern das aufzuzeichnen, was sie konnten.

Plötzlich stieß Mia einen leisen Laut aus. „Da ist etwas im Wasser.“

Alle blickten dorthin, wo sie zeigte.

Ein Schatten, tief unter der Oberfläche.

„Es bewegt sich,“ flüsterte Finn.

Doch bevor sie weiter darauf reagieren konnten, passierte es.

Ein Gegenstand löste sich aus der Tiefe und trieb langsam nach oben.

Es war eine alte, verrostete Glocke.

Anna starrte darauf, während das Wasser sanfte Wellen um sie zog. Dies war kein Zufall mehr.

„Der See hat uns etwas gegeben,“ sagte Mia leise.

Die Frage war: Warum jetzt? Und was bedeutete es?

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